GERT56: Racing als Leidenschaft einer großen Familie.

7. Dezember 2022

München. GERT56 ist ein privates Team aus dem sächsischen Pirna, das seit Jahren auf den großen Bühnen für Aufsehen sorgt. Zunächst auf der Langstrecke, von der sich auch der Name German Endurance Racing Team herleitet. Bis 2020 trat die Mannschaft um Teamchef Karsten Wolf mit der BMW S 1000 RR erfolgreich in der Superstock-Klasse der FIM Endurance World Championship an, feierte Siege bei den 24 Stunden von Le Mans und beim Bol d’Or und kämpfte um den Weltmeistertitel. Zur Saison 2021 wechselte GERT56 vom Langstrecken- in den Sprintbereich und tritt seitdem in der Internationalen Deutschen Motorrad Meisterschaft an. Auch in dieser extrem stark besetzten Meisterschaft hat sich das Privatteam schnell etabliert. In der vergangenen Saison 2022 feierte GERT56 mit der BMW M 1000 RR sieben Podiumsplatzierungen und war auch in der Gesamtwertung auf Top-3-Kurs, wurde dann aber vom Verletzungspech ausgebremst.

Karsten Wolf

© GERT56 / Toni Börner

Ein privates Rennteam, welches eine große Familie voller Leidenschaft für die gemeinsame Sache ist, das an der Spitze fährt und das gleichzeitig viel Wert auf die Nachwuchsförderung legt – das ist GERT56. Im Interview spricht Teamchef Wolf über den Wechsel von der FIM EWC in die IDM, die Stärken einer eingeschworenen Mannschaft, die Saisonbilanz 2022, das Aufgebot und die Ziele für 2023 sowie die enge Verbundenheit zur Marke BMW Motorrad. 

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Teamchef Karsten Wolf im Interview.

GERT56 bei den 24 Stunden von Le Mans 2020

Karsten, ihr habt als Langstreckenteam in der FIM EWC angefangen und zur Saison 2021 den Schritt gewagt, euch neu zu orientieren und in die IDM einzusteigen. Wie kam es dazu?

Karsten Wolf: „Die Gründe für den Ausstieg aus der FIM EWC waren ganz einfach die langen Reisezeiten, die langen Verweildauern an der Rennstrecke, die anstehenden Überseerennen und die höhere Anzahl von 24-Stunden-Rennen. Diese Entwicklung hat zunehmend nicht mehr zum privaten und beruflichen Lebensentwurf der meisten Teammitglieder gepasst. Doch wir wollten als Team zusammenbleiben und haben uns einen Wettbewerb gesucht, der vom Zeit- und Kraftaufwand besser zu uns als Privatteam passt. Die IDM bietet dieses Format mit Wochenendveranstaltungen auf Rennstrecken, die zudem überwiegend in unserer Nähe sind. Wie man ein Superbike aufbauen muss, das wussten wir von der Langstrecke. Die schnelleren Abläufe, die kürzeren Renndauern, die saubere Abstimmungsarbeit, in der man auf den Punkt für die Sprintrennen vorbereitet sein muss, das mussten wir lernen. Doch ich denke, dass wir dies in den zwei Jahren auch gut in den Griff bekommen haben.“

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Wir haben gesehen, wie viel Spaß und Freude wir unseren Fans und Partnern durch den Wechsel in die IDM gebracht haben

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Karsten Wolf

Toni Finsterbusch

© GERT56 / Toni Börner

Welche weiteren Faktoren machen die IDM für euch als Team so interessant?

Wolf: „Wir haben viele Fans und Partner hier aus unserem näheren Umfeld. Wir dachten, dass die große WM-Bühne für sie interessant und attraktiv ist. Wir haben jedoch gesehen, wie viel Spaß und Freude wir unseren Fans und Partnern durch den Wechsel in die IDM gebracht haben. Denn zum einen können sie die Rennen ohne große Reisen und Kostenstress direkt besuchen. Zum Zweiten ist es für unsere Partner, als deren Markenbotschafter wir unterwegs sind, so viel besser möglich, ihre Produkte in der Region und in der Zielgruppe zu bewerben. Die Fannähe, die wir uns immer gewünscht haben und die wir auch so lieben, die erfahren wir jetzt in der IDM viel besser. Es gibt Rennen wie in Schleiz, Hockenheim oder Oschersleben, mit offenem Fahrerlager und Pitwalk. Das ist für uns etwas ganz anderes, als in der ganzen Welt Rennen zu fahren. Die 24 Stunden mit den über 100.000 Fans bildeten da immer die stimmungsvolle Ausnahme.“

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Karsten Wolf

© GERT56 / Toni Börner

Ihr wart bereits auf der Langstrecke sehr erfolgreich und seid es nun in der IDM. Was macht euch als Team so stark?

Wolf: „Ich denke, dass wir, was denn Rennsport betrifft, noch einen ‚Old-School-Ansatz‘ haben. Wir gehören zu den Letzten, die Rennsport auf hohem Niveau, aber eben ‚nebenbei‘ betreiben. Wir sind nach wie vor ein Privatteam. Niemand im Team hat ein Angestelltenverhältnis, die Mechaniker machen das in ihrer Freizeit. Deshalb haben wir innerhalb des Teams auch keine Interessenskonflikte. Natürlich müssen auch wir Geld bezahlen für die Bikes, die Teile, die Reifen, den Sprit. Dafür brauchen wir unsere Partner und Sponsoren. Aber intern gibt es bei uns keine finanziellen Interessen, und das bewirkt, dass alle ausschließlich hinter einem gemeinsamen Ziel stehen. Und gemeinsame Ziele führen zu gemeinsamem Handeln. Jeder ist dabei, weil er Lust darauf hat, weil er es liebt und weil er Rennen gewinnen will. Sympathie, Freundschaft und Spaß sind die einzigen Währungen, mit den ich zahlen kann. Das trägt einen natürlich nicht in die großen Rennserien der Welt, aber für eine Meisterschaft wie die IDM sind wir mit diesem Wertegerüst optimal aufgestellt.“

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Also Rennsport als Leidenschaft einer großen Familie?

Wolf: „Das ist so, ja. Diese Extra-Energie, die das freisetzt, ist genau der Punkt, warum wir auch mit den Werksteams mithalten können. Die Kompetenz, das saubere Arbeiten – das haben wir über die Jahre gelernt. Mit unseren Crewchiefs Ronny Schlieder, Holger Homfeldt und Filip Altendorfer haben wir außergewöhnliche technische Leader. Zudem haben Mechaniker und Reifenleute, die WM-erprobt sind und ihren Job aus dem Effeff beherrschen. Es gibt also fachlich keine Defizite, aber darüber hinaus verstehen wir uns alle gut und kennen uns alle seit über zehn Jahren. Das gleicht Defizite in der technischen Ausstattung und Nachteile bei der Anzahl der Tests aus und hilft uns, mit den großen Jungs mitzuhalten beziehungsweise sie gelegentlich zu ärgern.“

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Toni Finsterbusch

© GERT56 / Toni Börner

2022 habt ihr in der IDM um das Gesamtpodium gekämpft, aber dann schlug das Verletzungspech zu. Wie fällt eure Saisonbilanz aus?

Wolf: „Es war für uns alle ein schwieriges Jahr. Es war das erste Jahr nach Corona, in dem wir optimal aufgestellt waren. 2021 hatten wir unsere Defizite ausgemacht und den Fahrwerkshersteller gewechselt. Wir setzen nun ein innovatives Ventilsystem eines Partners ein, der ursprünglich aus dem Motocross/Supermoto-Bereich kommt. Mit dem Schritt, dieses System auf den Straßenrennsport zu adaptieren, haben wir Neuland beschritten und sind dabei auch Risiken eingegangen. Aber genau dieser Schritt war der Gamechanger in Richtung Performance und Erfolg. Wir waren vom Saisonauftakt in der Lausitz an vorn dabei. Bereits im letzten Jahr hatten wir uns als stabile Mannschaft präsentiert, mit einem technisch sauber vorbereiteten und stabilen Bike. Und der Schritt in Sachen Fahrwerk war der Schritt auf das Podium. Daraus haben wir unsere Ziele für die Saison definiert: vier Podiumsplätze und Platz drei gesamt. Es wurden insgesamt sieben Podien, doch der dritte Gesamtrang blieb uns durch die Verletzungen unserer beiden Fahrer verwehrt. Aber es gibt eine nächste Saison, für die die Ziele neu definiert werden.“

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Jan-Ole Jähnig

© GERT56 / Toni Börner

Stichwort kommende Saison. Ihr habt euch für 2023 stark aufgestellt. Toni Finsterbusch bleibt im Team, dazu kommen Patrick Hobelsberger und Jan-Ole Jähnig als neue Teamkollegen. Was kannst du uns über die drei Fahrer sagen?

Wolf: „Das ist genau die Mischung, die uns ausmacht. Ich fange mal mit dem Jüngsten an, Jan-Ole Jähnig. Wir möchten ein ganz klares Zeichen setzen, junge Talente zu entwickeln und zu fördern. Dabei wollen wir praktisch die Schnittstelle zwischen den Supersportlern und den Superbikes bilden. Wir möchten den jungen Fahrern Zeit und Raum geben, in einem technisch und logistisch gut strukturierten Team zu wachsen. Wir sind aber fest davon überzeugt, dass das Talent von Jan Ole und seine Fähigkeiten bei einer guten Vorbereitung auch schon im ersten Jahr in die Top 10 dieses hochqualitativen Starterfeldes führen kann.“

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Patrick Hobelsberger

© GERT56 / Toni Börner

„Patrick Hobelsberger braucht man nicht näher vorzustellen. Er ist wahrscheinlich eines der größten Talente, die der deutsche Rennsport hat. Er wurde 2021 überlegen Meister in der IDM Supersport. In seinem ersten vollen Supersport-WM-Jahr 2022 bei Kallio Racing konnte er herausragende Ergebnisse vorweisen, hatte aber auch genau wie wir, viel mit Verletzungspech zu kämpfen, was besseren Ergebnissen in der zweiten Saisonhälfte entgegenstand. Wir glauben aber, dass dieser junge Bayer so viel Biss und Ehrgeiz hat – er trainiert bereits jetzt mit seinem eigenen Bike in Spanien – dass wir mit ihm sofort vordere Platzierungen einfahren können. Er ist ein klarer Podiumskandidat. Zudem passt es doch perfekt, dass ein Bayer auf der Motorradmarke aus München sitzt. Die verstehen ihn schon mal und wir werden es lernen.“

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Toni Finsterbusch auf dem Podium in Most

© GERT56 / Toni Börner

„Und in der Mitte zwischen den beiden jungen Wilden steht wie ein Fels in der Brandung Toni Finsterbusch. Er musste seine Saison nach einem unverschuldeten Unfall in Schleiz vorzeitig beenden, als er auf Gesamtrang drei der Meisterschaft lag. Zuvor hat er aus eigener Kraft zwei zweite Plätze herausgefahren. Beeindruckend war vor allem das Rennen in Most, wo er gegen Leon Haslam und Markus Reiterberger gezeigt hat, dass er auf das IDM-Podium gehört. Er bringt viel Erfahrung aus einer langen Karriere mit und überzeugt mit seinem ästhetischen Fahrstil und seinem brutalen Biss auf der Bremse. Findet er zu seiner Vorjahresform zurück, ist ergebnistechnisch alles möglich! Das ist meine volle Überzeugung.“

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Toni Finsterbusch

© GERT56 / Toni Börner

Du hast das Thema Nachwuchsförderung bereits angesprochen. Ihr habt immer schon junge Talente gefördert. Wie wichtig ist euch das?

Wolf: „Ich denke, das größte Problem im deutschen Rennsport ist die Basisförderung. Mit Jan-Ole haben wir jemanden, der das lebt wie kein anderer. Wir haben hier eine Basisförderung, die über das Team Freudenberg, über die 125er, die 300er und die 600er bis in die 1000er führt. So muss es eigentlich aussehen. Die Fahrer müssen in ihren Klassen ihre Fortschritte und Erfahrungen machen. Wir Teamchefs müssen dabei schon frühzeitig in gutem Kontakt sein und die Karrieren der jungen Fahrer begleiten und nicht mit komplizierten Vertragswerken behindern. Das Team Freudenberg zum Beispiel macht eine sehr starke Nachwuchsförderung in den kleinen Klassen, und wir sind eines der Teams, das diese jungen Fahrer dann im Anschluss in die 1000er-Klasse übernimmt. Finsterbusch und Jähnig sind beides ‚Freudenberg-Gewächse‘. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Cups der verschiedenen Rennveranstalter und die Basis- und Nachwuchsklassen, die im Rahmen der IDM laufen. Wir als große Teams müssen da genau hinschauen und mit diesen Talenten in Kontakt kommen.“

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Gibt es eine konkrete Zielsetzung für die Saison 2023?

Wolf: „Es bringt ja nichts tiefzustapeln, wenn du schon Zweiter und Dritter warst. In der kommenden Saison lautet unser Ziel, um die Meisterschaft mitzufahren, wenn sich uns die Chance dazu bietet. Das muss nach unseren guten Ergebnissen das Ziel sein.“

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Wir bekommen ab ‚Ladentheke‘ beim BMW Motorrad Händler das Superbike, mit dem wir erfolgreich Rennsport betreiben können.

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Karsten Wolf

Toni Finsterbusch

© GERT56 / Toni Börner

Seit der Teamgründung seid ihr der Marke BMW Motorrad treu und bleibt es auch. Was macht BMW zur Marke eurer Wahl?

Wolf: „Es ist im Superbike-Bereich die einfachste Art, Motorsport zu betreiben. Denn wir bekommen ab ‚Ladentheke‘ beim BMW Motorrad Händler das Superbike, mit dem wir erfolgreich Rennsport betreiben können. Kein anderer Hersteller bietet im Bereich Leistung und Ausstattung so ein Paket an, wie es die BMW S 1000 RR und später die BMW M 1000 RR seit ihrer Markteinführung tun. Zu einem ist da die außergewöhnliche Motorleistung, die atemberaubende Fahrdaten erzeugt. Wir fahren in der IDM mit einem Serienaggregat und sind damit absolut konkurrenzfähig. Das Zweite ist die technische Ausstattung, wie das Race-ABS, die Traktionskontrolle, die Wheelie Control, also das gesamte elektronische Paket. Sowohl das Serienmodell als auch die Teile, die über BMW Motorrad als Kit-Teile geliefert werden, sind alles Kaufteile, die jeder Motorsportfan auch käuflich erwerben kann. Diese beziehen wir fast ausschließlich vom BMW Partner alpha Racing. Unser Bike, wie es in der IDM fährt, hat kaum Sonderkonstruktionen oder speziell gefertigte Teile. Den größten Unterschied macht das Fahrwerk, wo wir mit Partner mototech SPV auf ein eigenes System setzen. Teures Basistuning, das insofern problematisch ist, da es Risiken in Sachen Haltbarkeit und Zuverlässigkeit in sich birgt, ist damit absolut überflüssig. Wir fahren im High-Performance-Bereich mit einer Serienbremsanlage, wie sie auch der Kunde auf der Straße nutzt. Wir fahren mit einem Serienrahmen, einer Serienschwinge und Standardfelgen. Das war immer unser Ansatz, und dieser große Anteil an Serienteilen hat uns auf der Langstrecke die Beständigkeit gebracht. Wir hatten nur ganz wenige technische Probleme oder Ausfälle. Nun ist es die große Performance im Bereich Motor und Getriebe, die uns in der IDM den Speed und die Performance bringt, um dort erfolgreich zu sein. Die Basis des Superbikes ist sehr stark und die Beschaffbarkeit der Teile ist hervorragend. Und die Zusammenarbeit mit den Partnern, die wir bei BMW Motorrad haben, im Bereich BMW Motorrad Marketing und BMW Motorrad Motorsport, ist für uns als Kundensportteam die einfachste Art, Motorsport zu betreiben.“

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Wie wichtig ist die Zusammenarbeit zwischen euch als Kundensportteam und BMW Motorrad Motorsport?

Wolf: „Als Privatteam fängst du an, indem du dir ein Motorrad kaufst. Mit dem Erscheinen der ersten BMW S 1000 RR im Jahre2010 fiel die Entscheidung, von Anfang an BMW Motorräder auch auf der Rennstrecke einzusetzen, weil wir vom Konzept und der technischen Seite absolut überzeugt waren. Dass wir uns über die langen Rennen, über Siege und Niederlagen, so viel Expertise über das Sportgerät angeeignet haben, war ein langer Weg. Über diesen gesamten Weg hatten wir aber immer Ansprechpartner in den Bereichen Elektronik, im Bereich Bremse und Fahrwerk und bei den Motoren gehabt, die sich der Förderung im Kundensport verschrieben hatten und uns geholfen haben. Dabei bildeten die BMW Motorrad Zentren immer einen wichtigen Anlaufpunkt, bei der Beschaffung der Motorräder und der Ersatzteile. Das gesamte Paket, das BMW Motorrad den Kundensportteams zur Verfügung stellt, ist bestens geeignet um sich vom Basis- und Breitensegment hin zu den professionellen Rennserien zu entwickeln. Wir sind diesen Weg mit BMW Motorrad erfolgreich gegangen!“

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