Eugene Laverty: Ire mit Wahlheimat Portugal.

27. Mai 2021

Estoril. Eugene Laverty ist Ende 2019 zusammen mit seiner Ehefrau Philippa „Pippa“ Laverty nach Portugal gezogen. Im Vorfeld zum ersten Portugal-Rennen der WorldSBK-Saison 2021 in Estoril haben wir die Chance genutzt, um ein Interview mit den beiden Wahlportugiesen zu führen und beide in ihrem Anwesen in der Nähe von Portimão zu besuchen. In dem Gespräch geben beide einen sehr persönlichen Einblick in ihr neues Leben in Portugal und schildern die Sonnen- und Schattenseiten der dynamischen Motorsportwelt.

Laverty feiert am kommenden Donnerstag, dem 3. Juni, seinen 35. Geburtstag. Seit seiner Kindheit folgt er einer Familientradition und zählt somit zu den erfahrensten Rennfahrern im Motorrad-Spitzenrennsport. Der gebürtige Ire fährt seit einem Jahr für BMW Motorrad in der FIM Superbike World Championship (WorldSBK). Nach seiner Debütsaison im BMW Motorrad WorldSBK Team ist Laverty 2021 für das italienische BMW Satellitenteam RC Squadra Corse im Einsatz. Des Weiteren treibt Laverty in seiner Funktion als BMW Testfahrer die Weiterentwicklung im Supersportsegment von BMW Motorrad mit voran.

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Leben in Portugal.

Eugene Laverty

Nach der Auftaktrunde in Spanien ist Portugal das nächste Land im WorldSBK-Kalender – für dich eine Art „Heimspiel“. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, nach Portugal zu ziehen?

Eugene: „Auf gewisse Weise war Portugal immer schon eine Art zweite Heimat für uns, schon nach meinen ersten Jahren in der World Supersport Championship. Ich war damals beim Parkalgar Honda Team, das Team, das formiert wurde, als die Rennstrecke in Portimão gebaut wurde. Ich habe dort also viel Zeit verbracht, habe mich ein bisschen portugiesisch gefühlt, und es hat mir dort immer gut gefallen. Nach sieben Jahren in Monaco haben wir angefangen, etwas Neues zu suchen, denn wir wollten umziehen. Wir lieben den portugiesischen Lifystyle – und haben zum Glück etwas gefunden und sind an die Algarve gezogen.“

Würdet ihr Portugal als eure neue Heimat bezeichnen, und was bedeutet Heimat für euch?

Eugene: „Nun, es ist schwierig, eine Heimat zu bestimmen. Denn meine Familie ist in Nordirland zuhause, von daher wird das immer die Heimat bleiben. Aber für uns persönlich ist Portugal unser neues Zuhause. Dort leben wir jetzt, dort haben wir jetzt unseren kleinen Hund Bruce – dort ist also, wo unsere kleine Familie ihre Basis hat.“

Pippa: „Ich denke Heimat ist für uns dort, wo wir zusammen sind. Ich fühle mich überall zuhause, wo Eugene ist.“

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Bevor ihr nach Monaco gezogen seid, seid ihr beide zusammen mit einem Wohnmobil gereist. Stimmt das?

Pippa: „Ja, genau! Das war viele Jahre lang unser Zuhause. Als Eugene mit dem Rennsport angefangen hat, sind wir zusammen in einem kleinen Campingbus durch die Gegend gefahren. Überall kann dein Zuhause sein, solange du zusammen bist.“

Und wie viel Irland habt ihr mit nach Portugal gebracht?

Eugene: „Der Lockdown gab uns die Gelegenheit, unser Zuhause einzurichten. Deshalb haben wir uns viele Sachen aus Irland kommen lassen, und während der ersten Monate im Lockdown hatten wir jede Menge Zeit. Nach ein paar Monaten wurde es natürlich etwas langweilig, aber in den ersten Monaten hatte es so gewissermaßen auch etwas Gutes.“

Pippa: „Ja, viele unserer Sachen waren jahrelang eingelagert. Da wir in Monaco nicht so viel Platz hatten, haben wir alles in Irland gelassen. Nun aber haben wir den Platz, also haben wir uns alles hierher schicken lassen. Das waren Kisten mit Eugenes alten Rennkombis, alle seine Trophäen, alles, was sich über die Jahre angesammelt hat. Es war wirklich toll, diese alten Erinnerungen wieder aufleben zu lassen, die vielen schönen Erinnerungen, die wir gemeinsam teilen.“

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Eugene Laverty

Ihr seid gerade zurück vom Saisonauftakt in Aragón und gleich geht es weiter zu den nächsten Rennen in Estoril. Aber ihr konntet zwischen den Rennen kurz nach Hause kommen. Was macht ihr zwischen den Rennwochenenden? Wie sieht euer Alltag aus, wenn ihr hier in Portugal seid?

Eugene: „Bei einem Double-Header, wie wir ihn jetzt haben, versuche ich, meine Batterien aufzuladen und mich auf die nächste Runde vorzubereiten. Das bedeutet hauptsächlich Training. Während der Rennsaison trainiere ich etwas weniger als im Winter, wo ich mehr Stunden damit verbringe. Momentan fahre ich zwei, zweieinhalb Stunden Fahrrad, dann komme ich wieder heim und trainiere noch 30 oder 40 Minuten im Kraftraum. Und natürlich mache ich Stretching, um beweglich zu bleiben. Am wichtigsten ist aber während der Rennsaison, früh ins Bett zu gehen. Wir gehen bei Sonnenuntergang, so gegen 20.30 Uhr, mit unserem Hund Bruce spazieren und versuchen, um 22.00 Uhr im Bett zu sein, damit ich morgens um 6.30 Uhr aufstehen kann. Und wenn ich nicht trainiere, versuche ich, abzuschalten und die Vorteile von Portugal zu genießen.“

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Pippa und Eugene Laverty

Pippa: „Auch wenn wir zwischen den Rennwochenenden nicht viel Zeit zuhause haben, ist es schön, diese zu nutzen und die Gegend zu erkunden. So gibt es in Portugal zum Beispiel viele regional produzierte Lebensmittel. Sobald Eugene vom Training kommt, ist es schön, am Nachmittag rauszugehen, Geschäfte zu besuchen, frische Produkte zu kaufen, vielleicht einen Spaziergang am Strand zu machen, etwas zu essen und dann abends nach Hause zu kommen, dort einen entspannten Abend zu verbringen und einfach vom Balkon aus den Sonnenuntergang zu genießen. Wir haben wirklich Glück, dass wir an einem so entspannten und schönen Ort leben. Wir haben das Meer und so viele schöne Landschaften um uns herum. Das gibt uns Kraft für das nächste Wochenende.“

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Eugene Laverty

Habt ihr einen Lieblingsplatz? Und Eugene, wenn du mit der R nineT unterwegs bist, wo fährst du am liebsten hin?

Eugene: „Ich fahre gern hoch in die Berge rund um Monchique. Dort habe ich einige wunderschöne Straßen entdeckt. Vor allem aber mit dem Fahrrad. Mit dem Fahrrad kann man eine Gegend am besten erkunden, denn du kannst dich wirklich umschauen. Wenn du mit dem Motorrad oder dem Auto unterwegs bist, ist es nicht die beste Idee, den Blick über die Landschaft schweifen zu lassen. Man kann dort hochfahren und hat einen tollen Blick auf die Rennstrecke von Portimão, wo wir im Oktober die zweite Portugal-Runde der Saison haben.“

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Familie und Rennsport.

Du hast bereits deine Familie erwähnt. Es scheint, als ob in deiner Familie jeder irgendetwas mit Rennsport zu tun hat...

Eugene: „Ja, ich hatte das Glück, in eine Rennsportfamilie hineingeboren zu werden. Mein Vater Mickey Laverty ist selbst zum Spaß Rennen gefahren. Als meine älteste Schwester Emma geboren wurde, hat er beschlossen, dass das mit den alten Rennbikes damals zu gefährlich ist. Aber meine Brüder und ich, und selbst meine ältere Schwester Emma, sind zuhause immer mit Motorrädern herumgefahren. Aber nur John, Michael und ich haben dann als Kids auch mit dem Motocross angefangen. Mein Zwillingsbruder Eamonn hatte nicht wirklich Interesse an Motorrädern, aber ich hatte immer schon eine Leidenschaft dafür. Wir sind eine so große Familie, und als wir Kids waren, sind wir immer zusammen gereist. Auch wenn nur drei Jungs Rennen gefahren sind, waren immer sechs Kids im Kleinbus unterwegs an die Rennstrecke.“

Selbst heute noch hast du Verwandte, die im WorldSBK-Paddock arbeiten …

Eugene: „Ja, mein früherer Crewchief bei Aprilia, Phil Marron: Er ist jetzt der Crewchief von Toprak Razgatlioglu, und er ist mein Schwager. Er ist mit meiner älteren Schwester Emma verheiratet. Dann bin ich natürlich mit Chaz Davies verwandt, denn mein Bruder Michael ist mit Chaz’ Schwester Jody verheiratet. Mein Bruder Michael ist selbst Rennen gefahren und arbeitet jetzt als Kommentator. Mein anderer Bruder John ist nach seiner Rennkarriere Physiotherapeut geworden und betreut mich nun während der Rennwochenenden. Es gibt also jede Menge Rennsportgene in der Familie, und ich bin sicher, dass das nicht hier endet, sondern dass wir auch die nächste Generation im Motorrad-Rennsport sehen werden.“

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„Champagne and Pain“.

Eugene und Pippa Laverty

Monaco ist nach wie vor ein Synonym für Motorsport. Ihr habt erwähnt, dass ihr dort eine gute Zeit hattet. Könnt ihr uns ein bisschen mehr von der Racing-Community erzählen, von der ihr ein Teil wart? Wie war euer Verhältnis zu den anderen Rennfahrern, vor allem aus dem Automobilbereich?

Eugene: „Ich war 2012 in Monaco zu Besuch, um mit meinem Freund Nicolas Roche, einem irischen Radprofi, Rad fahren zu gehen. Und als ich auf dem Rad saß, habe ich festgestellt, dass es da in Monaco diese kleine Sportlergemeinschaft gab, von der ich nichts wusste. Es gab natürlich viele Autorennfahrer, Motorradfahrer und Radprofis, und das war mit ein wesentlicher Grund, warum wir nach Monaco gezogen sind. Eine Menge Leute, die ein ähnliches Leben führten wie wir. Und vor allem da, wo wir gewohnt haben, lebten viele Briten und Iren, viele Ex-Rennfahrer wie David Coulthard und Allan McNish, und viele aktuelle Rennfahrer, Australier, Neuseeländer wie Brendon Hartley und Daniel Ricciardo. Leute, die dieselbe Muttersprache wie wir haben, und natürlich tut man sich mit denen zusammen. Dies ist etwas, was ich an Monaco sicher vermissen werde, denn wir hatten da unsere kleine Gruppe. Aber wie überall: Ich bin sicher, dass wir in ein paar Jahren auch in Portugal einen Freundeskreis haben und uns ähnlich fühlen werden.“

Pippa: „Was ich persönlich am meisten an Monaco vermisse sind meine Freundinnen. Wir waren eine Gruppe von Frauen, die alle genau verstanden haben wie es ist, mit einem Sportler zusammenzuleben. Denn sie leben auch mit Sportlern zusammen. Sie wissen, wie hektisch es auf Reisen ist, dass man sie vermisst, wenn sie weg sind, oder wie schön es ist, heimzukommen und zu entspannen, wenn man mitgereist ist. Manchmal leben viele Leute für das Wochenende, aber in Monaco sind wir normalerweise am Dienstag oder Mittwoch ausgegangen, weil am Wochenende üblicherweise jeder Rennen fährt.“

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Pippa und Eugene Laverty

Pippa, wie ist es, mit einem Sportler zusammenzuleben, eine Fahrerfrau zu sein?

Pippa: „Es ist wirklich fantastisch, wenn man seinen Mann in dem, was er tut, unterstützen kann. Es gibt viele Höhen, aber auch viele Tiefen. Du musst einfach lernen, im Regen zu tanzen und zu feiern, wenn es gut läuft. Wenn es Eugene nicht gäbe, denke ich nicht, dass ich die Möglichkeit gehabt hätte, so viel zu reisen und so viel von der Welt zu sehen. Und wir haben so viele gemeinsame Erinnerungen. Es hat seine guten Seiten, aber es gibt auch die negativen Seiten, vor allem, wenn es zu Verletzungen oder so kommt. Doch das Wichtige ist, sich mit Menschen und Freunden zu umgeben, die dich unterstützen und Verständnis haben für das Leben, das du lebst. Doch natürlich hast du manchmal Champagner und Partys, da mache ich gar keinen Hehl daraus, es kann ziemlich viel Spaß machen.“

Eugene: „Ja, wir hatten etwa 13 Jahre lang gute Zeiten, dann folgte leider eine harte Phase, in der ich viel verletzt war. Zum Beispiel in Thailand, wo wir zwei Wochen bleiben mussten und Pippa die ganze Zeit im Krankenhaus an meinem Bett saß. Und als ich mir beide Handgelenke gebrochen habe, war es auch heftig. Denn ich habe Pippa für mehr Dinge gebraucht, als ich sagen möchte, da ich gar nichts selbst machen konnte. Es gibt Positives, aber es gibt eben auch die schwierigen Zeiten.“

Pippa: „Ja, es ist wirklich so, dass du in der einen Woche noch Champagner trinkst und mit Freunden feierst, und in der nächsten Woche sitzt du neben einem Krankenhausbett. Es ist ein Leben mit Ups und Downs. Darauf musst du vorbereitet sein.“

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Ist daraus auch dein Podcast „Champain“ entstanden?

Pippa: „Ja, die Idee hinter meinem Podcast ‚Champain’ ist, dass ich die guten und die schlechten Zeiten zeigen möchte, die die Leute, die die Sportler unterstützen, ebenso wie die Sportler selbst, erleben. Was sie daraus gelernt haben und was es ihnen für ihr Leben gebracht hat. Denn ich denke, dass du nicht wirklich lernst, wie man schwierige Zeiten übersteht. Der Podcast zeigt auf, wie man im Laufe des Lebens harte Zeiten haben kann und wie man damit umgeht. ‚There’s no bubbles without some troubles’ – so lautet mein Motto für ‚Champain’. Und um ein Champion zu sein, musst du durch Schmerzen gehen, du musst viele Opfer bringen, du musst viel Engagement zeigen, du musst ... es ist nicht einfach. Ich denke, wenn Leute die sozialen Netzwerke verfolgen oder fernsehen, dann denken sie: Oh wow, es muss so viel Spaß machen, ein Rennfahrer zu sein, oder dies oder jenes. Ich glaube nicht, dass vielen Leuten klar ist, wie viel Schweiß und Tränen es die Sportler gekostet hat, bis sie da waren, wo sie sind. Und darum geht es in diesem Podcast.“

Eugene: „Und aus Fahrersicht: Es ist großartig, und ich werde ziemlich wütend, wenn ich manche professionelle Motorradrennfahrer höre, die sich fast darüber beschweren, wie schwierig ihre Art zu leben ist. Natürlich gibt es harte Zeiten, aber ich denke, dass wir uns sehr glücklich schätzen können, in der Position zu sein, in der wir sind. Es gibt schwierige Tage, aber die Dinge ändern sich auch wieder. In der Vergangenheit haben wir eine Menge harter Tage erlebt, aber es ist es wert, wenn die guten Tage dann wieder kommen.“

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